Mit fünf schon erwachsen

Das Lech-Wertach-Orchester präsentiert sein Orchesterfest im Musentempel

2013 vom Begegungsland Lech-Wertach gegründet, prägt das Lech-Wertach-Orchester die Jugendorchesterkultur Schwabens mittlerweile maßgeblich. 45, einige mit namhaften Preisen ausgezeichnete Instrumentalisten , erreichen unter der Leitung von Wolfgang Scherer ein Niveau, das in allen Stilen begeistert.
Präzision, Intonationssicherheit, ausgefeilte Dynamik und rhythmische Vielfalt mischen sich zum kraftvollen oder dezenten Zusammenspiel, durch das ein homogener Orchesterklang entsteht, der immer wieder profihafte Züge trägt und so unmittelbar fesselt, wie es nur Jugendliche zu vermitteln im Stande sind.
Vor 14 Tagen erlebten über 500 Zuhörer beim Kirchen-Neujahrskonzert der Gemeinde Klosterlechfeld unter anderem mit der brillant uraufgeführten Sinfonie des Gemeindesohnes Lukas Schuhbaur, der als Arzt am Hofe des Kurfürsten Karl Albrecht um 1800 in München wirkte, dazu noch als leidenschaftlicher Komponist bekannt war, einen barock-klassischen Ohrenschmaus.
Ein restlos begeistertes Publikum erklatschte mit Standing Ovations mehrere Zugaben des virtuos aufspielenden Orchesters.

Jetzt, im vollen Parktheater, gaben die Musikerinnen und Musiker aus dem Begegnungsland eine andere Facette ihres Könnens zum Besten:
Salonmelodien von Cécile Chaminade (Flöte: Elisa Güntheroth, Augsburg), Ennio Morricones Filmmusik mit dem Thereminsolisten Johannes Göppel (Bobingen), und Arrangements von Dominik Scherer für Orchester und die John Garner Band, die in Augsburg bereits Kultstatus hat.
Zigeunerweisen von Pablo de Sarasate mit der überragenden Solistin Lisa-Maria Günther faszinierten im wunderbaren Ambiente des Parktheaters ebenso, wie ein ad hoc gespieltes Jazzpianostück des 19 jährigen Augsburger Kunstpreisträger 2017 Theo Kollross (Stadtbergen)der an der Hochschule für Musik in München Jazzpiano studiert.
Sein zuvor von ihm selbst für Orchester und Saxophon arrangiertes und temporeich vorgetragenes „Yakety Sax“ erhielt Bravorufe und man merkte den Zuhörern an, dass sie mit dem erzwungenen Sitzplatz haderten..
Jaques Loussiers „Thierry la Fronde“ –Filmtitelthema, die förmlich zu spürenden, aus den Tiefen des Parktheaters steigenden Piraten beim „Fluch der Karibik“, ein mexikanisches Medley nach James Last mit hochpräzisen, rhythmisch und tonlich sehr anspruchsvollen Blechbläserpassagen meisterten Orchester und Solisten bravourös.
Im kongenial-familiären Miteinander (Königsbrunner Kulturpreisträger 2000) verband Monika Scherer diese musikalische Vielfalt mit der ihr eigenen, dynamisch verbindlich fesselnden Erzählstimme, die Publikum und Interpreten musikalische, historische und instrumentale aber auch humorvolle Zusammenhänge erkennen lies.
So auch bei „Eine kleine Nachtmusik“ von Felix Linsmeier (Bobingen) für die Gruppe Backblech, die, nach mozärtlichen Zitaten umarrangiert „1 nice kleine Musik vong Nacht her“ ergibt. Dieses „Backblech“ensemble hat, sollte es denn in dieser hochkarätigen Besetzung zusammenbleiben, eine Zukunft im Profibereich und kann sich hier auch messen lassen.
Carla Dittrich (16) vom Hochbegabtenstützpunkt Schwaben berührte pianistisch brillant mit ihren Chopin- und Grieginterpretationen, die im Rahmen des Kurhausambientes Hofrat Hessings ursprüngliche Idee des sinnenhaften, palmenbestückten Musentempels vor dem geistigen Auge der Zuhörer erstehen ließen.
Schmunzelnd ergänzt das Orchester sein Programm mit dem Marsch „Alte Kameraden“ in der sinfonischen Fassung Herbert von Karajans, ehe wieder Luisa Schilling eine klassische Phantasie von David Kellner virtuos und klangschön auf der Gitarre interpretiert.
Bleiben noch die Xylophonisten Erik Gossner (Grossaitingen) und Johannes Göppel, sowie Peter Knöpfle (Untermeitingen) zu loben, die eine hanebüchen schwierige „Reloaded“-Version des „Erinnerung an Zirkus Renz“ mit dem Orchester zum Besten gaben.
Hauskomponist Felix Linsmeier (2015 1. Preis beim Kompositionswettbewerb der Berliner Philharmoniker, Composer in Residence, Würzburg) schonte auch hier seine Kumpels nicht und verwob alle möglichen Stile zu einer lustig- hochanspruchsvollen Darbietung dieses Bravourstücks.
Große Leidenschaft und außergewöhnliches Talent verband sich beim Auftritt der Sopranistinnen Yvonne Weimann (Konradshofen)und Bianca Steinbusch (Bobingen) deren Interpretation von „Sexbomb“ (Tom Jones)und „Skyfall „ (Adele) mit ausdrucksvollen BigBand/Orchesterarrangements das in schwülstige Farben getauchte Parktheater zum Kochen brachte.
Verdiente Blumen überreichten Vorstandsmitglieder des „Vereins zur Förderung junger Talente“, die Bürgermeister Rupert Fiehl (Kleinaitingen) und Rudolph Schneider (Klosterlechfeld).
Das Publikum ließ die jungen Musiker nur mit Hinweis auf den kommenden Schul-Studiums- und Arbeitstag wieder gehen, während der Geschäftsführer und Intendant des Parktheaters Stefan Weippert begeistert das Orchester für 2019 wieder einlud.

Fazit: Das LWO ist ein musikalisch anspruchsvoller Hort für begabte junge Musiker, die nicht nur akademische Konzerte zelebrieren wollen, sondern auch Freude an Pop-, Salon- und Filmmusik haben. Die Probenarbeit ist projektbezogen und findet (bei bester Verpflegung!) im Gemeindesaal Großaitingen statt.
Wolfgang Scherer, berufszeitlebens als Juror bei Jugend musiziert sowie als Orchesterleiter engagiert und als Multiinstrumentalist mit höchsten Ehrungen versehen, ist in jedem Stil zu Hause und lebt für „sein“ Orchester-aber auch für „sein“ Publikum.
Das bringt bei seinen Konzerten viele Stammhörer, die Stimmung und Feeling auf hohem musikalisch-unterhaltsamen Niveau schätzen. In Schwabmünchen, bei den „Konzerten junger Talente“ für die Kartei der Not , in der Wallfahrtskirche „Maria Hilf“, Klosterlechfeld und im Parktheater Augsburg aber auch in der Charité, Berlin und dem Kinderkrankenhaus in Hamburg.
Ad multos annos.
Text: Johannes Rinck
Fotos: Alwin Zerr

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