6. Orchesterfest im Musentempel | Parktheater im Kurhaus Göggingen – ein Genuss!

2012 titelte die SZ: „Was Wolfgang Scherer aus Jugendsinfonieorchestern herausholt, ist sagenhaft!
Wie ist das möglich?“ Was bereits 1985 galt, gilt heute umso mehr.

Beim fulminanten „6. Orchesterfest im Musentempel“ im vollen, immer wieder überwältigenden Konzertsaal des Parktheaters Augsburg überzeugte das LechWertach-Orchester glänzend.
Mit seinen Solistinnen und Solisten unter der Leitung des vielfach und hoch ausgezeichneten Geigers und Dirigenten, der dieses Ensemble – nachdem er zuvor 36 Jahre das Kammerorchester Maria Stern zu Ruhm und Ehren führte – nun höchst erfolgreich im In-und Ausland als Aushängeschild des Begegnungslandes Lech-Wertach seit neun Jahren musikalisch leitet, ist dieser Klangkörper ein Maßstab für ausgezeichnete Laien-und Jugendorchester im Landkreis Augsburg.
Im Komponisten Felix Linsmeier, von Anfang an als Posaunist mit dabei, hat der Dirigent einen kongenialen Arrangeur, der die Orchesterwerke aller Epochen dem Orchester auf den Leib schreibt.
Was dann in den Konzerten geboten wird, lässt Zuhörer staunen und schwärmen: „Ein Konzert, dem Parktheater auf den Leib geschnitten!“ so Lilo Ferstl, Impresaria und guter Geist des europaweit einzigartigen Gastspielhauses.

Sechs Alphörner eröffneten den Reigen, Zarathustra sprach danach sehr deutlich und zeigte, was hier orchestral Sache ist – James Last ließ sanft die Sonne aufgehen und das Orchester vermittelte in Tönen schwelgend, dass „Morgens um 7“ die Welt – auch bei Hitze – noch in Ordnung ist.

„Merry go round“ von Werner Twardy, das Karussellstück für virtuose Klarinette, gab danach Anna Schilling rundum gelungen zum Besten.
Besinnliche Ruhe kehrte erst wieder ein, als Markus Göppel (Schwabmünchen) das Traumkonzert von Werner Tautz aus den 6oer Jahren zusammen mit singenden Streichern, dreistimmig im Stil des „Easy Listening “ gesetzten Flöten und einem vollbesetzten Big-Band-Bläser-Register in hochvollendeter Pianisten-Manier zelebrierte. Ein Ohrenschmaus, den man so nicht mehr zu hören bekommt, sind doch die Originalnoten des Orchesters Werner Kiesling lange vergriffen.
Mit detektivischem Spürsinn gelang es Wolfgang Scherer in der Schweiz, beim Sohn des Komponisten, Joachim Tautz, eine alte Partitur und Fragmente der Violinstimmen zu bekommen, so dass zum 100. Geburtstag dieses Stück erklingen konnte.
Mit dem Prélude aus Claude Debussys „Pour le Piano“ brillierte die Klaviersolistin Lisa Maria Günther meisterhaft und leitete über zum Trio von Jaques Widerkehr, bei dem sie als Violin-Primaria im Trio mit ihren Brüdern Michael/Violoncello und Benedikt (Horn! vom Feinsten) fungierte.
Bei Montis Czárdás (virtuos Antonia Mayr/Violine und Phillip Oberparleiter/Akkordeon), „Rumänisch“ und „Im Zigeunerlager“ schmachten, jubeln und fetzen die Streicher mit Konzertmeister Wolfgang Scherer feurig durch den ohnehin schon aufgeheizten Glas-Stahlbau.
Die Uraufführung des „Lechwalzers“ – mit Raffinesse und humorvoll als Kabinettstück komponiert vom ehemaligen Chordirektor Josef Hauber – zeigte, zu welchen Bravourleistungen das Orchester, in dem 1. Musik-Preisträgerinnen und Preisträger, Studentinnen und Studenten, die Konzertmeisterin der Münchner Musikhochschule, ein Pathologe der LMU ebenso mitspielen, wie Maschinenbauingenieure, HighTec-Security-Spezialisten, Lehrerinnen und Lehrer, Steuerberater, Schülerinnen und Schüler, Modestylistinnen und der Akkordeonweltmeister in der Lage ist.
Wenn dann noch Yvonne Weimann als männermordender Vamp bei Rotlicht mit Tom Jones‘ Sexbomb als „Tigress“ wuchtig, akzentuiert, lasziv flüstert und losdonnert, bebt der Saal zu begeisterten Bravo-Rufen.

„Willkommen, bienvenue, welcome“ Wolfgang Wirsching verführte als „Bel Ami“ die Zuhörer bis in die 80er Jahre, wo er mit Udo Jürgens zu Mut aufrief: „Denn immer wieder geht die Sonne auf!“, was am Ende des unterhaltsamen Abends zum „Mitternachtsblues“ des unvergesslichen Filmkomponisten Franz Grothe (+ 1959) führte.
Nico Weber, Trompetenstudent an der Jazzhochschule München interpretierte das Stück, mit der Safarieinleitung von Bert Kaempfert bravourös.

„Da musste ich ein paar Tränen vergießen“ meinte eine seit Jahren dem Konzert treue Zuhörerin. Nachdem diese weggewischt waren, entließ das in allen Genres zu Hause befindliche Orchester das Publikum mit dem Laridah-Marsch des ehemaligen Augsburger Infanterie-und Heeres-Musikmeisters Max Hempel (+ 1959).

Das Orchester ist wieder zu hören bei den „26. Konzerten junger Talente“ am 19. und 20. November 2022 in der Stadthalle Schwabmünchen, bei einem Filmkonzert im Cineplex in Meitingen und dem Jubiläumskonzert der Lyra -und Kolpingchöre Augsburg–Göggingen am 6. Januar 2023 im Parktheater.

Ein Salonorchester und die Volksmusikgruppe des Orchesters musizieren wieder bei der Serenade am 8. Juli 2022 um 19:00 vor der Kirche „Maria Hilf“ in Klosterlechfeld.

Fotos: Andreas Eser